Grüner Kapitalismus hilft dem Klima auch nicht! – Ökokapitalismus – Dasselbe in Grün(e) – Raubbau, Überproduktion, Ausbeutung – Für eine Klimabewegung die dazwischengeht!
Niedersachsenweiter Aktionstag zur Listenaufstellung der Grünen am 29. Mai 2021
„Die Klima- und Ökokrise lässt sich innerhalb der heutigen politischen und wirtschaftlichen Systeme nicht mehr lösen. Das ist keine Meinung. Es ist nur einfache Mathematik. *23.Juni 2020 Facebook Greta Thunberg
Am 29.05.21 stellen die Grünen in Niedersachsen ihre Liste für die Bundestagswahl auf. Schon seit Monaten macht die Partei klar, dass sie – wahrscheinlich mit der CDU – auf jeden Fall regieren will. Für ‚System Change not Climate Change‘ wird eine grüne Regierungsbeteiligung nicht ausreichen.
Dies ist sowohl ein Aufruf zum Protest, als auch eine Einladung zur Diskussion über das Verhältnis zur grünen Partei. Unserer Meinung nach ist eine klare Positionierung der Klimabewegung, allen voran von FFF, zentral für die Chance auf eine ökologische Gesellschaft. Wir können uns nicht auf die Grünen verlassen, sondern müssen in Bewegung bleiben!
Was sie reden, was sie tun: Die Grünen
In Wahlkämpfen versprechen viele Parteien weitreichende Veränderungen, die aber dann nach der Wahl doch nicht umgesetzt werden. 1998, kurz vor der letzten Regierungsbeteiligung der Grünen, versprachen sie z.B. „die Forderung nach dem sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft umzusetzen“. Auch die SPD kündigte damals an, „die Nutzung der Atomkraft so schnell wie möglich zu beenden“. Aus ’sofort‘ und ’schnellstmöglich‘ wurde dann der Atomkonsens 2000, der den Konzernen einen ungestörten Weiterbetrieb bis 2030 garantierte (zum Glück wurde der Ausstieg nach der Katastrophe von Fukushima 2011 durch CDU/FDP auf 2022 vorgezogen).
Und grüne „Umwelt“politik heute? In Hessen, wo die Grünen mitregieren, wird mit allem Verständnis für Polizeigewalt 2020 eine Autobahn im wahrsten Sinne des Wortes durchgeknüppelt. In Baden-Württemberg kann man die Regierung unter dem grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann auch als „Auto-Regierung“ bezeichnen, in Anbetracht der Finanzspritzen und des Einsatzes jener Landesregierung für die Automobilindustrie, auch auf Bundesebene.
Soll sich ein Verschleppen wie beim Atomausstieg oder, in Anbetracht der genannten Beipsiele eine Verhinderung bei der Verkehrswende und des Kohleausstiegs unter einer möglichen Regierung mit grüner Beteiligung nicht wiederholen – die CDU tat sich ja schon mit dem zu späten Kohleausstieg bis 2038 schwer genug – braucht es Druck von unten!
„Sie dachten, sie seien an der Macht, dabei waren sie nur an der Regierung“
(angeblich von Kurt Tucholsky über die SPD nach 1918, heute ebenso aktuell)
Selbst wenn wir den Parteipolitiker*innen unterstellen, dass sie nicht einfach schwindeln, um gewählt zu werden, so zeigt sich, dass die Macht von Regierungen im Kapitalismus von der Wirtschaft abhängig ist. Soziale und Ökologische Fortschritte sind kaum möglich in einem System, das grundsätzlich auf Ausbeutung von Mensch und Natur basiert. Nichtsdestotrotz wäre es theoretisch möglich, dass Regierungen ihre Spielräume nutzen und auf Konfrontationskurs gegen Kapitalinteressen gehen. Dafür müssen sie aber von sozialen Bewegungen getrieben werden.
Für den Ausstoß des klimaschädlichen CO2 sind in der Bundesrepublik Deutschland vor allem die Energiewirtschaft (37,8%) und die sonstige Industrie (20,7%) verantwortlich. Eine C02-Steuer, die Arme wie Reiche gleichermaßen belastet und umgewandelt als Subvention vielleicht sogar Konzernen zu gute kommt, ist daher nicht nur sozial ungerecht und wälzt ökologische Reformen auf Arbeiter*innen ab, sondern klimapolitisch auch schlicht unzureichend.
Auch Sozialleistungen zu kürzen (Hartz IV unter RotGrün) und sich dann darüber aufzuregen, dass Arme nicht genug Bio einkaufen ist zynisch.
Zudem lenkt beides von den drängenden Problemen ab, die nur zu lösen sind, wenn anders produziert wird und nebenbei nervt es uns, wenn bei ökologischen Fragen permanent mit dem moralischen Zeigefinger auf das Individuum gezeigt wird.
Das bedeutet: Die ökologische Frage ohne die soziale Frage anzugehen, führt in eine Sackgasse. Die Klimakrise ist nur gesamtgesellschaftlich zu lösen.
Um wenigstens den deutschen Beitrag zur Klimaerhitzung zu verringern, müsste den
Energiemonopolen und der Industrie eine ganz andere Produktionsweise aufgezwungen werden. Parteipolitiker*innen schrecken in der Regel vor harten Konflikten mit dem Kapital zurück. Zum einen garantiert staatliches Recht das Privateigentum an Produktionsmitteln, d.h. die Firmen dürfen prinzipiell mit ihren Kraftwerken und Fabriken machen was sie wollen. Zum anderen hängt der Staat selbst existentiell von der Besteuerung von Profiten und Löhnen ab. Gerade in der Bundesrepublik Deutschland, die stark auf Export und vor allem die Auto-Industrie setzt, stößt daher jede ernsthafte Umweltpolitik mit den Interessen von Staat und Kapital zusammen. Klimaschutz ist im Kapitalismus, der auf Konkurrenz basiert, ein Nachteil für Unternehmen und Staaten, die sich als Wirtschaftsstandorte anbieten müssen.
Perspektive Klimagerechtigkeit: System Change not Climate Change
Kurzfristig ist es die Bewegung für Klimagerechtigkeit, die weltweit den Kampf für ein anderes Naturverhältnis aufgenommen hat. Sowohl die Demonstrationen bei Fridays for Future als auch die Aktionen zivilen Ungehorsams gegen den Kohlebergbau bei Ende Gelände sind dabei aber nur der Anfang in einem Konflikt mit dem fossilen Kapitalismus. Konkrete Schritte, wie z.B. die komplette Verlegung des Güterverkehrs auf die Schiene, wären immerhin ein Anfang.
Mittelfristig muss es darum gehen, die Ausbeutung von Mensch und Natur zurückzudrängen. Dafür reicht eine marktliberale/unternehmenfreundliche Reformpolitik mit mehr Radwegen nicht aus. Schon ein Kohleausstieg bis 2030, wie ihn Fridays for Future fordert, und erst Recht eine demokratische Energiepolitik durch Enteignung bzw. Aneignung der Energiewirtschaft, um tatsächlich mit allen entscheiden zu können, was uns alle betrifft, ist eine Frage der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse. Diese nachhaltig zu verändern ist daher deutlich wichtiger als die Frage, welche grünen Parteipolitiker*innen sich das nächste mal vor den vermeintlichen Sachzwängen von Parlamentarismus und Kapitalismus beugen werden! Das bedeutet auch, dass sich die Klimabewegung gegen ein Ausspielen der sozialen gegen die ökologische Frage positionieren muss. Oder anders formuliert, kein Mensch bangt um seinen Job in einem Kohlekraftwerk, weil er oder sie gerne CO2 in die Luft pustet, sondern weil danach ggf. Hartz 4 droht. Das heißt eine Entschädigung durchzusetzen und die Produktion umzubauen ist notwendig, um zumindest in diesem Zusammenhang eine Aussicht zu haben, das Ausspielen zu verhindern.
Langfristig wird es darauf ankommen, dass Menschen nicht länger den Sachzwängen
kapitalistischer und staatlicher Konkurrenz unterworfen bleiben, sondern neue Formen für Produktion und Verteilung, für Teilhabe und Mitbestimmung entstehen.
Auch die Grünen wussten das mal:
„Eine Wirtschaftsordnung mit selbstverwalteten Betrieben ohne hierarchische Strukturen muß gewährleisten, daß die betrieblichen Entscheidungen den gesamtgesellschaftlichen Interessen in sozialer und ökologischer Hinsicht gerecht werden. … Wir Grünen wissen, dass eine basisdemokratische Wirtschaftsordnung sich nur von unten her entwickeln kann“ (Die Grünen, Sindelfinger Programm 1983)
Über die Arbeit in Betrieben hinaus könnte auch der Alltag vielleicht ganz anders aussehen: zum Beispiel 4 Stunden für Arbeit bzw. für Sorgetätigkeiten und den Rest für kollektive Entscheidungen (z.B. über Ressourcenverbrauch) und für Hobbies.
Statt über die personelle Besetzung von Wahllisten oder das neueste Sortiment im Bioläden, lasst uns darüber diskutieren, wie ein anderes Leben, eine andere Gesellschaft konkret aussehen könnte. Wie wollen wir leben? Wie stellen wir globale Gerechtigkeit her? Wie bringen wir kollektive Freiheit und ökologisches Leben unter einen Hut? Und wen müssen wir dafür entmachten, welchen Reichtum umverteilen?
Ohne klare Kritik und Widerstand gegen den Wachstumszwang der Marktwirtschaft wird die Klimakrise nicht aufzuhalten sein, ohne eine ernsthafte Debatte um die konkrete Vision einer solidarisch-ökologischen Zukunft auch nicht. Diskutieren wir über die Realisierung einer Gesellschaft, die Mensch und Natur in den Mittelpunkt stellt.
Deswegen wollen wir euch einladen, anlässlich der Listenaufstellung der Grünen mit uns gemeinsam auf die Straße zu gehen und euch an den Aktionen zu beteiligen. Wir wollen Druck auf die Grünen ausüben und gleichzeitig klar machen, dass die Klimabewegung eine (linke) (progressive) Bewegung ist, die sich nicht instrumentalisieren lässt und weiß, dass gesellschaftliche Veränderung notwendig ist, um die Klimakrise zu lösen.
Für eine konfrontative Klimapolitik gegen
die Interessen von Staaten und Konzernen!
Interventionistische Linke Hannover
Libertäre Kommunist*innen Osnabrück
Fridays for Future Osnabrück
Ende Gelände Göttingen
Basisdemokratische Linke Göttingen (IL)
Klimakollektiv Oldenburg
SJD Die Falken Osnabrück
SJD Die Falken Lingen/Emsland
No Lager Osnabrück